Ganz nah dran
26. September 2023

Ganz nah dran

Es ist bereits ein Jahr her, seit wir ausführlich über unsere ersten Besuche in portugiesischen Produktionsstätten berichteten. Dank Jan 'n June und Carpasus hat Rebekka während zwei Tagen einen Einblick in diverse Nähfabriken und vorgelagerte Produktionsstufen erhalten. Im Blogbeitrag «Handarbeit und Fleiss» erklären wir, warum Sozialverträglichkeit für uns eine so grosse Bedeutung hat und wo wir bei der Erreichung unserer diesbezüglichen Ziele stehen. Ganz eng damit verbunden und aktueller denn je, ist die Anforderung an eine transparente Wertschöpfungskette (verpasse dazu nicht unseren Focus! Event am 28. September!). Tatsächlich haben viele unserer Marken grosse Ambitionen. Sie wollen immer mehr Transparenz schaffen und damit auch die Arbeitsbedingungen der Textilarbeiter:innen laufend verbessern. Schliesslich ist inzwischen den meisten klar: Verlässliche Nachhaltigkeit verlangt Transparenz. Dass diese aber nicht ohne weiteres zu schaffen ist, erfahren wir immer wieder in diversen Gesprächen mit unseren Partner:innen oder anderen Expert:innen. Viele Marken stehen dabei nicht nur vor zahlreichen Herausforderungen, sondern auch vor der Entscheidung, wie diese Problematik am besten angegangen wird. «Wählen wir ein Tool zur Rückverfolgung und wenn ja, welches?» «Mit wie vielen Produktionspartner:innen arbeiten wir zusammen, sodass wir den Überblick behalten können und dennoch kein Klumpenrisiko besteht?» «Wie schaffen wir ein Vertrauensverhältnis, um an alle notwenigen Informationen zu kommen?» «Inwiefern macht eine Beteiligung an den Fabriken Sinn oder sollen wir sogar eine eigene Produktion aufbauen?»

Auch die Barcelonerin Adriana von CUS stellte sich diesen Fragen. Jahrelang hat sie sich wie viele andere mit den Herausforderungen als kleiner Player in der weltumfassenden Textilindustrie herumgeschlagen. Sie hat viel Energie in den Aufbau guter Partnerschaften mit ihren Produzent:innen gesteckt und uns dabei schon immer mit ihren klaren Ansprüchen und der sorgfältigen Auswahl überzeugt. Vor rund drei Jahren wagte Adriana einen grossen Schritt in eine neue Richtung: Sie wollte nicht mehr mitspielen im üblichen Mode-Zirkus, weniger abhängig sein von Externen und aktiv etwas gegen die vorprogrammierten Überstunden zu den Peakzeiten unternehmen. Adriana entschied sich, eine eigene Näherei inhouse aufzubauen und die Kollektionen gestaffelt über Monate zu produzieren. Damit hat sie mehrere Probleme gelöst: Sie gewinnt volle Kontrolle über die Arbeitsbedingungen auf dieser Stufe, kann die Näherinnen regelmässig auslasten und sich selbst aber auch ihren Partner:innen volle Einsicht gewähren. Ihr Nachteil: Sie trägt auch das volle Risiko, die volle Verantwortung für die Menschen, die bei ihr angestellt sind, und muss der Branche beweisen, dass dieser Weg funktionieren kann. Vorerst bedeutete das ein Verzicht auf die Zusammenarbeit mit dem Handel. Es war nicht möglich, zu den üblichen Auslieferungszeiten die Mengen für alle zu produzieren. Ein saurer Apfel, in den sie beissen musste. 

Was allerdings bestehen blieb, war ein stabiles Beziehungsnetz in der Branche. Auch Rebekka pflegte über die Zeit einen regelmässigen Austausch mit Adriana. Als sie im Dezember eine kurze Auszeit in Barcelona genoss, verbrachten die beiden Frauen inspirierende Stunden zusammen – und sprachen auch über Möglichkeiten, wie CUS wieder in den Fachhandel findet. Nicht ganz selbstlos, denn wir sind Fans der Marke und hofften schon lange, CUS irgendwann wieder an unseren Stangen hängen zu haben. Tatsächlich entschied sich Adriana kurz darauf, wieder mit ausgewählten Fair Fashion Stores zusammenzuarbeiten. Schon im Januar trafen wir sie auf der Messe in Berlin und haben voller Freude eine hübsche Auswahl aus ihrer Kollektion für diesen Herbst bestellt. Natürlich liess sich Rebekka die Gelegenheit nicht nehmen, einen weiteren Einblick in die Produktion zu bekommen. Also zog es sie schon im April wieder nach Barcelona. Unter anderem besuchte sie Sèneca 8, den Ort, an welchem CUS passiert. Hier designt Adriana, hier entstehen Schnittmuster sowie Prototypen und die von Isabel und Paqui produzierte Kollektion. Engagiert führte das kleine Team durch alle Räumlichkeiten, beantwortete alle Fragen und zeigte voller Stolz, wie die Herbstkollektion Form annahm.

Die kleine CUS-Produktion Sèneca 8 in Barcelona.
Die kleine CUS-Produktion Sèneca 8 in Barcelona.
Sorgfältig organisierte Schnittmuster für die CUS-Styles.
Sorgfältig organisierte Schnittmuster für die CUS-Styles.
Isabel bei den Näharbeiten für den aktuellen Herbst.
Isabel bei den Näharbeiten für den aktuellen Herbst.
Glückliche Gesichter bei Isabel, Irene und Rebekka nach einem spannenden Austausch.
Glückliche Gesichter bei Isabel, Irene und Rebekka nach einem spannenden Austausch.

 

Beeindruckend war nicht nur die Offenheit und der wertvolle Austausch, sondern auch die Freude, welche sicht- und spürbar war. Hier hat jede etwas zu sagen, die Näherin wird nicht nur an der Maschine als Fachperson wahrgenommen, sondern auch beim Design einbezogen und die Verkäuferin bringt ebenfalls ihre strategischen Überlegungen ein. Hier wurde für Rebekka auch ein klarer Unterschied zu den grösseren Nähfabriken, die hauptsächlich Auftragsarbeiten erledigen, deutlich. Die gemeinsame Vision wird von allen mitgetragen, für keine CUS-Mitarbeiterin ist das nur ein Brot-Job, sondern eine erfüllende Aufgabe, die sie mit Herzblut erfüllt. Eine ganz wundervolle Lösung, wofür wir CUS umso mehr feiern. 

Sechs Monate danach treffen hier die Kartons mit der CUS-Aufschrift ein. Darin zu finden sind sorgfältig durchdachte und liebevoll produzierte Kleider, einige in einer Farbvariante, die es so nur bei uns gibt. Weil die kleine inhouse Produktion von CUS genau dies möglich macht.