Diese Chemiefasern überzeugen uns
15. Juni 2023

Diese Chemiefasern überzeugen uns!

Wer bei uns einkauft, findet neben Kleidern aus Bio-Baumwolle, -Wolle, Hanf oder Leinen auch Stücke aus Lyocell, Modal, Cupro oder Viskose. Alles Materialien, die in die Kategorie der Regeneratsfasern gehören. Anders als bei Naturfasern erlangt der Rohstoff hierbei erst durch einen chemischen Prozess die Eigenschaften, die es erlauben, daraus eine für die Stoffherstellung geeignete Faser herzustellen. Und anders als bei synthetischen Fasern, die ebenfalls in der Herstellung chemische Prozesse durchlaufen, ist der Rohstoff nicht fossiler Natur. Regeneratsfasern werden aus Zellulose (Hauptbestandteil pflanzlicher Zellwände) gewonnen. Für die textile Verwendung kommt meistens Holz zum Einsatz. Für uns gehören Regeneratsfasern in ein ausgewogenes nachhaltiges Modesortiment, dies aus verschiedenen Gründen.

Funktionalität, Optik, Haptik und Komfort

Ein erster Grund ist, dass sie sich durch ihre Eigenschaften von den Natur- und den synthetischen Fasern klar unterscheiden, und daher in Punkto Funktionalität, Optik, Haptik und Komfort eine willkommene Ergänzung bieten.

Lyocell zum Beispiel ist weich, glatt, kühl und fällt fliessend. Ein bisschen wie Seide, aber günstiger, robuster und weniger knitterig. Die schnelle Feuchtigkeitsaufnahme und -abgabe von Lyocell generiert zudem eine optimale Wärmeregulierung. Ein ausgesprochen schönes und angenehm zu tragendes Material.  

Modal wiederum schlägt Lyocell sogar noch bezüglich Weichheit und eignet sich super für gestrickte und gewirkte Stoffe, die eine gewisse Elastizität bedingen. Die Faser ist ebenfalls atmungsaktiv und temperaturausgleichend, ausserdem nimmt sie Feuchtigkeit doppelt so schnell auf wie Baumwolle und gibt sie reguliert wieder ab. Stoffe aus Modal, bei dem ausschliesslichen Buchenholz als Ausgangsmaterial dient, haben nur eine sehr geringe Knitterneigung und zeichnen sich durch eine ausgeprägte Farbechtheit aus.  

Cupro, bei welchem als Ausgangsmaterial Baumwoll-Linters (kurze nicht verspinnbare Baumwollfasern) verwendet werden, hebt sich sowohl in der Haptik als auch vom Look stark von den meisten anderen Fasern ab. Der Stoff fällt ebenfalls sehr weich, fühlt sich kühl an und hat einen sehr spezifischen, matt schimmernden Glanz.  

Viskose ist von den Eigenschaften her näher bei Lyocell. Da Viskose sich sehr gut bedrucken und färben lässt, eignet sie sich besonders auch für gemusterte Stoffe.  

Bei einer weiteren, besonderen Form dieser Regeneratsfasern wird den üblichen Ausgangsstoffen für Lyocell und Modal auch noch Braunalgenpulver beigemischt. Der, je nach Herstellungsverfahren, daraus resultierende Lyocell oder Modal ist besonders geeignet für Menschen mit empfindlicher oder atopischer Haut. Diese spezifische Lyocellfaser findet man auch unter dem Markennamen Seacell. Dieser regt durch seine natürlichen Wirkstoffe (Mineralien, Antioxidantien, Vitamine und Spurenelemente) den Zellregenerationsprozess an und kann zur Linderung von Hautkrankheiten und Juckreiz beitragen. Der hohe Anteil an Antioxidantien schützt die Haut zudem vor zellschädigenden freien Radikalen.

Herstellung und Hersteller:innen

Regeneratsfasern sind für uns auch interessant, weil sie – sofern unter optimalen Bedingungen hergestellt – eine gute Ökobilanz aufweisen. Sie verbrauchen bedeutend weniger Wasser und benötigen weniger Land als zum Beispiel Baumwolle. Ebenso funktioniert der Anbau des Rohstoffs ganz ohne den Einsatz von Pestiziden.  

Um sicherzustellen, dass für die Kleider in unserem Sortiment nur Regeneratsfasern zum Einsatz kommen, die auch tatsächlich mit Best Available Techniques (BAT) produziert wurden, beschränken wir uns auf bestimmte Hersteller:innen. Diese haben in Bezug auf die Umweltverträglichkeit einen hervorragenden Ruf und werden von unabhängigen Organisationen als vorbildlich eingestuft. Lenzing aus Österreich ist so ein Unternehmen, aber auch Asahi Kasei aus Japan, das auf Cupro spezialisiert ist, und Enka aus Deutschland, das auf besonders nachhaltige Art und Weise Viskose herstellt.  

Bei Lenzing tragen diese ökologisch optimierten Fasern die Markennamen Tencel Lyocell, Tencel Modal, EcoVero (Viskose) und Refibra (eine Lyocellfaser, bei welcher Produktionsabfälle als Ausgangsmaterial dienen).  

Enka nennt seine Viskosefaser einfach Enka-Viskose und Asahi Kasei vermarktet seinen Cupro als Bemberg Cupro. Steht einer dieser Namen auf dem Kleidungsstück, ist von einer professionellen, nachhaltigen Faserproduktion auszugehen.

Viskose

Grundsätzlich funktioniert die Herstellung von Viskosestoffen folgendermassen:  

Die Zellulose trennt man üblicherweise mit Lösungsmitteln wie Methanol oder Ethanol von den anderen Bestandteilen des Holzes, wie zum Beispiel Lignin, Harz, Wachs, Eiweiss und Lipiden. Dabei entsteht Zellstoff, der dann in einem nächsten Schritt in Natronlauge getaucht wird. Die Alkalizellulose, die dabei entsteht, wird getrocknet sowie zerfasert und muss ungefähr während eineinhalb Tagen vorreifen. Danach wird sie einige Stunden mit Schwefelkohlenstoff behandelt, um eine Masse namens Zellulosexanthogenat zu gewinnen. Als nächstes wird diese in Natronlauge gelöst und muss dann in einem Vakuum einige Tage nachreifen. Während dieser Zeit finden die Polymerisationen statt. Die fertige Spinnlösung wird dann durch Düsen in ein Schwefelsäure-Spinnbad gepresst. Nun entsteht Schwefel, Schwefelwasserstoff, Schwefelkohlenstoff, Natriumsulfat und natürlich auch die Viskosefaser, um die es bei dem ganzen Prozess geht. Der Faden muss anschliessend gestreckt und gewaschen werden, um ihn von gesundheitsschädigenden Stoffen zu befreien. Danach werden die gewünschten Garne hergestellt. 

Wie diese Auflistung zeigt, entstehen Viskosefasern über eine Vielzahl an chemischen Prozessen und sind in der Herstellung sehr energieintensiv. Das Gleiche gilt grundsätzlich auch für die eng verwandten anderen Regeneratsfasern.  

Bei Lenzings EcoVero sind die Abläufe aber so optimiert, dass der Wasserverbrauch und die CO2-Emissionen um bis zu 50 Prozent reduziert werden konnten. Das Chemikalienmanagement wird zudem sehr verantwortungsvoll gehandhabt: 99 Prozent der eingesetzten Chemikalien werden zurückgewonnen und in Kreisläufen wiederverwendet.  

Eines der grössten Probleme bei der Viskoseherstellung, die in den meisten Fällen in China stattfindet, ist nämlich, dass Umweltstandards nicht eingehalten werden und dadurch toxische Stoffe in die Umgebung der Fabriken gelangen. Luft und Gewässer werden kontaminiert und die Bevölkerung, die damit in Kontakt kommt, vergiftet. Zudem werden die Arbeiter:innen in den Fabriken nicht vor den giftigen Schwefelsäuregasen geschützt. Lenzing hingegen arbeitet in Übereinstimmung mit den von der EU definierten Best Available Techniques. Diese Arbeitsweise wenden sie bei sämtlichen Fasern, die sie herstellen, an. Darum verkaufen wir diverse Regeneratsfasern aus dem Hause Lenzing.

Ausserdem setzen wir so sehr auf Lenzing als Produzenten, weil das Unternehmen zu 99 Prozent mit Holz aus nachhaltiger Forstwirtschaft arbeitet und seine Klimaziele im Einklang mit den Zielen der Science Based Targets Initiative sind, die sich wiederum am Pariser Klimaabkommen orientieren. Lenzing hat sich dazu verpflichtet, die CO2-äquivalenten Emissionen bis 2030 um 50 Prozent pro Tonne Fasern, die sie produzieren, zu senken, als Basisjahr gilt hier 2017.

Für Lenzing spricht auch, dass 100 Prozent des bezogenen Holzes verwertet wird. 40 Prozent landen in den hergestellten Zellstoffen, aus denen die Zellulosefasern entstehen, 10 Prozent in anderen biobasierten Materialien wie Essigsäure, Furfural, Xylose und Soda und aus den restlichen 50 Prozent wird direkt Bioenergie hergestellt.  

Auch will das Unternehmen einen Beitrag dazu leisten, dass die textilen Recycling-Kreisläufe geschlossen werden. Es hat sich entsprechend zum Ziel gesetzt, bis 2025 im industriellen Massstab EcoVero, Modal und Lyocell Stapelfasern mit bis zu 50 Prozent aus Alttextilien als Ausgangsmaterial zu produzieren. Lenzing wirkt bei der ZDHC (einer Initiative, die sich für ein nachhaltigeres Chemikalienmanagement in der Textilindustrie einsetzt) mit und alle Fasern tragen das EU Ecolabel.  

Gleichermassen innovativ und ökologisch nachhaltig arbeitet auch die deutsche Viskoseherstellerin Enka. Das verwendete FSC-zertifizierte Holz kommt aus den USA und wird noch in Florida in Zellstoff umgewandelt. Die Viskosefaser ist Cradle to Cradle gold zertifiziert, was bedeutet, dass sie kreislauffähig ist und ein sehr seriöses Chemikalienmanagement angewendet wird. In der Produktion wird, genau wie bei Lenzing, in Stoffkreisläufen mit Rückgewinnungsanlagen gearbeitet, um den Rohstoffverbrauch zu reduzieren. Enka erreicht in fast allen Bereichen die von der EU definierten BAT-Levels.

Lyocell, Cupro & Modal

Auf der Ebene der Faserproduktion an sich schneidet Tencel Lyocell in Punkto Nachhaltigkeit am besten ab. Die Zellulose wird vor allem durch Druck sowie Hitze und mit nur einem (anstatt mehreren) Lösungsmittel umgewandelt. Tencel Lyocell benötigt zudem nur ein Drittel des Prozesswassers im Vergleich zu der hiesigen Viskosetechnologie. Ebenfalls ist sie genau wie alle anderen zellulosebasierten Chemiefasern biologisch abbaubar.  

Cupro war aufgrund des hochgiftigen Produktionsprozesses, der den Einsatz von Kupfer-Ammoniak-Lösungen beinhaltet, bis vor wenigen Jahren noch weltweit verboten. Die japanische Firma Asahi Kasei konnte das Verfahren aber so überarbeiten, dass heute die Wasserkreisläufe geschlossen sind und fast alle verwendeten Wirkstoffe zurückgewonnen werden können. Die fertigen Fasern sind OekoTex 100 zertifiziert und geben auch im Verbrennungsprozess kaum toxische Substanzen ab. Dass als Ausgangsmaterial Produktionsabfälle dienen, die bei der Baumwollsamenöl-Produktion anfallen, ist ein weiterer Punkt, der für Bemberg Cupro spricht. Des Weiteren strebt Asahi Kasei an, die Emissionen bis 2030 um 30 Prozent zu senken (als Basisjahr dient hier 2013) und verfolgt daneben insgesamt eine sehr ausgereifte Nachhaltigkeitsstrategie.  

Bei der Faser aus Modal ist der Produktionsprozess bis zur Spinndüse mit dem von Viskose identisch. Erst im Spinnbad unterscheidet sich der Ablauf, denn es wird zusätzlich Zinksulfat beigegeben. Dies soll dazu beitragen, Modal zu einer stabileren Faser als Viskose zu machen. Zur Herstellung von Tencel Modal wird zudem eine Technologie verwendet, die über ein chlorfreies Bleichverfahren eine aussergewöhnlich weiche Haptik generiert und dank einer hohen Wiederverwendungsrate der Prozesszutaten auch eine gute Nachhaltigkeitsperformance vorweisen kann.

All dies macht uns bei glore zu grossen Fans von nachhaltig hergestellten Regeneratsfasern. Sie basieren auf erneuerbaren Rohstoffen und sind biologisch abbaubar. Sie sind – wenn korrekt gepflegt – langlebig und behalten über viele Waschgänge hinweg ihre ursprüngliche Form sowie Farbe. Und sie können über ihre Eigenschaften eine grosse Spannbreite an modischen Bedürfnissen abdecken, während sie dazu noch einen sehr hohen Tragekomfort bieten.