10 Jahre Rana Plaza
5. April 2023

10 Jahre Rana Plaza

Am 24. April 2023 ist es soweit: Der Fashion Revolution Day «feiert» seinen 10. Jahrestag. Ein Grund zum Feiern ist das aber eigentlich nicht.

Am 24. April 2013 ereignete sich in Bangladesch eine Tragödie, die die Welt wachgerüttelt hat. An diesem Tag haben über 1'100 Arbeiter:innen ihr Leben verloren. Weitere 2'500 Menschen wurden verletzt. Der achtstöckige Fabrikkomplex Rana Plaza ist eingestürzt. Schon Tage zuvor hatten Arbeiter:innen auf die Risse in den Wänden und Decken aufmerksam gemacht. Reagiert hat niemand. Bis dann das Schlimmste passierte. Die Bilder gingen um die Welt und rückten die Missstände der globalen Textilindustrie ins Zentrum des Weltinteresses. Missstände wie Zwangsarbeit, Löhne, die nicht annähernd für ein würdiges Leben reichen, fehlende Sozialversicherungen oder viel zu lange Arbeitstage sind in dieser leider nicht selten.

Als Reaktion auf diese Tragödie haben die Modedesignerinnen Carry Somers und Orsola de Castro die Fashion Revolution noch im selben Jahr in London gegründet. Heute ist die internationale Bewegung in über 100 Ländern tätig, wobei der Schweizer Ableger 2016 gegründet wurde. Das hochgesteckte Ziel ist die Modeindustrie zu revolutionieren. In einem Manifesto haben Carry Somers und Orsola de Castro folgende Richtlinien definiert:

Manifesto Fashion Revolution

Die textile Wertschöpfungskette ist weltumfassend und höchst intransparent. Das wird auch indes deutlich, dass viele der Marken, die in Rana Plaza produzieren liessen und somit an der Tragödie mitbeteiligt waren, dies bis dahin nicht wussten. Diese Intransparenz aufzulösen und Einblicke in die Fabriken zu erhalten, ist der erste und wichtigste Schritt überhaupt. Aus diesem Antrieb entstand der Hashtag #whomademyclothes. Damit werden die Hersteller:innen unserer Kleidung in den Fokus gestellt und ihrer Stimme wird so Gehör verschafft. Gleichzeitig gibt der Hashtag uns allen die Möglichkeit, mehr Transparenz in der globalen Wertschöpfungskette einzufordern. Tatsächlich fragen immer mehr Menschen #whomademyclothes? Das ist ein Trend, der uns gefällt, obwohl wir kurzfristigen Modeerscheinungen gegenüber eher kritisch sind. Diese Frage allerdings hören wir gerne – auch wenn wir sie oft noch nicht so präzise beantworten können, wie gerne würden – und freuen uns immer über den Austausch mit unseren Kund:innen.

«Wir wollen eine Revolution in Gang setzen, welche die Art und Weise, wie Kleider hergestellt, gekauft und benutzt werden, radikal ändert – damit alle Menschen sichere, saubere und faire Kleider tragen können.» 
– Fashion Revolution Schweiz
 

Die Revolution soll also auf drei Ebenen stattfinden: in der Herstellung, im Kaufprozess und der Nutzung von Kleidung. 

Die Herstellung ist sicherlich die undurchsichtigste und am schwierigsten zu revolutionierende Ebene, wie bereits erwähnt wurde. Diese Ebene wird umso undurchsichtiger, weil sie in sich selbst mehrschichtig aufgebaut ist. Ansatzmöglichkeiten gibt es unzählige, sie starten bereits auf der Ebene des Designprozesses und können die gesamte Wertschöpfungskette umfassen. 

Aber eine Revolution ist erst dann eine echte Revolution, wenn sie alle Ebenen betrifft. Und genau hier setzt die Fashion Revolution an. Genauso wichtig wie die Herstellung der Kleidung ist auch das Kaufverhalten sowie die Nutzung der Kleidung durch die Endkonsument:innen. Die Fashion Revolution glaubt daran, dass jede:r von uns einen Beitrag zum positiven Wandel in der Modeindustrie beitragen kann.  Das zeigt sich auch in der aktions- und lösungsorientierten Art der Fashion Revolution:

«To do good, you actually have to do something.»
— Yvon Chouinard, Mitgründer von Patagonia
 

Auf der Ebene des Kaufprozesses zeigt die Fashion Revolution den Menschen neue und andere Wege auf, wie Mode konsumiert werden kann. Es müssen nicht immer neue Kleider sein. Wie wäre es mal mit Mode aus zweiter Hand (Second Love Link), einem Kleidertausch– ob im kleinen Kreis mit den besten Freund:innen oder bei einem öffentlichen Kleidertauschevent – oder ein Kleidungsstück zu mieten? Das sind alles Möglichkeiten, Kleider nachhaltiger zu konsumieren. Doch beim Konsum ist noch lange nicht Schluss. 

Ein sehr relevanter und häufig unterschätzter Beitrag zu dieser Revolution findet bei uns zu Hause statt. Die Art und Weise, wie wir mit unserer Kleidung umgehen, birgt riesiges Potential. Wir sind alle aufgefordert, Kleidung wieder mehr wertzuschätzen und für Langlebigkeit zu sorgen. Dass wir sorgfältig sind beim Tragen, Waschen, Trocknen – und auch mal etwas reparieren (lassen).

  • Kleider in den Schrank zurücklegen, anstatt auf dem Boden zerknittern lassen
  • Ordnung im Schrank halten, so alles im Überblick behalten und auch wirklich tragen
  • Beim Waschen an die Anleitung im Etikett halten
  • Das richtige Waschmittel verwenden
  • Nur waschen, wenn wirklich notwendig (oft reicht eine Nacht an der frischen Luft, um unangenehme Gerüche loszuwerden)
  • Besser luftrocknen als tumblern (Kleidung aus Wolle möglichst liegend trocknen)

Wenn all das beachtet wird, werden unsere Kleider länger schön bleiben, wir haben länger Freude an ihnen, tragen sie dadurch länger und brauchen seltener «neue» Kleider. Gut für uns, unsere Portemonnaies und die Umwelt. 

Doch was tun, wenn das T-Shirt trotz liebevoller Behandlung ein Loch hat? Einfach ein neues kaufen? Bevor dies geschieht, sollte in Betracht gezogen werden, dass Kleider oft ohne grossen Aufwand repariert werden können. Einfach zur Schneider:in des Vertrauens bringen und meist sehen die Stücke nach professionellem Reparieren fast wie neu aus. Selbst Hand anlegen geht natürlich auch: Auf der Webseite der Fashion Revolution unter Events finden sich immer wieder Repair-Workshops.

Die wichtigste Aufgabe der Fashion Revolution liegt also in der Aufklärung und Wissensvermittlung. Aufklärung über die systematischen Herausforderungen der globalen Modeindustrie und die Vermittlung von Wissen, wie diese Herausforderungen angegangen werden können. Ziele, die sich weitestgehend mit unseren decken. Die Fashion Revolution träumt von einer Zukunft, die auch unserer Vision entspricht. Entsprechend stark sind die Verbindungen und unser Engagement für diese Bewegung.

Rund um den Jahrestag findet jeweils die Fashion Revolution Week statt, dieses Jahr vom 24. bis 30. April. In unseren Läden zeigen wir in dieser Zeit mit einer kleinen Ausstellung, warum es nach wie vor eine Revolution braucht. Denn auch wir sagen: #ranaplazaneveragain