STS 2030: ganz im Sinne der Transparenz
28. Juni 2023

STS 2030: ganz im Sinne der Transparenz

Seit fast einem Jahr sind wir verpflichtete Akteurin bei der Sustainable Textiles Switzerland 2030 Initiative, kurz STS 2030. In unseren Ausführungen zum «Balanceakt Einkaufskriterien» haben wir bereits erwähnt, inwiefern uns dies anspornt und vorantreibt. Die Initiative soll den Schweizer Textilsektor dabei unterstützen, in Einklang mit den SDGs, den Nachhaltigkeitsentwicklungszielen der UNO, und den Zielen des Pariser Klimaabkommens zu operieren. Träger von STS 2030 sind die Verbände Swiss Fair Trade, Swiss Textiles und Amfori, mit strategischer Unterstützung des BAFUs und des SECOs.

Ziele STS2030

Als Unternehmen, das sich Nachhaltigkeit auf die Fahne geschrieben hat, beschäftigen wir uns natürlich seit unserer Gründung mit diesen Themen. Die Teilnahme an der Initiative ermöglicht uns aber einen erweiterten Austausch mit anderen Akteur:innen in unserer Branche und bietet uns vereinfachten Zugang zur Expertise diverser Organisationen, die mit der STS 2030 zusammenarbeiten. Diese können dabei helfen, uns strategisch zu verbessern und interne Prozesse zu optimieren.

Grundsätzlich geht es bei der Initiative – der Name verrät es – darum, definierte Nachhaltigkeitsziele bis 2030 zu erreichen. Erste Zwischenziele müssen aber schon nach 18 beziehungsweise 24 Monaten erreicht sein und bis 2030 werden dann jährlich die Fortschritte gemessen.

Ziel 1

Für Ziel 1 müssen wir innerhalb von 18 Monaten die Treibhausgasemissionen von Scope 1, 2 und 3 erheben. Wir müssen also erfassen, wieviel CO2 äquivalente Emissionen wir selbst verursachen und wie viele unsere Brands in ihren Lieferketten generieren. Für uns ist das ein sehr anspruchsvolles Ziel. Die eigenen Emissionen zu berechnen, ist dabei nicht das Problem. Der allergrösste Teil unseres CO2-Fussabdruckes befindet sich aber in den Lieferketten der Brands, die wir verkaufen. Die entsprechenden Daten können wir nicht selbst erheben, idealerweise werden sie uns von den Brands zur Verfügung gestellt. Nur haben leider die wenigsten eine klare Vorstellung oder sogar verlässliche Daten, wo in ihren Lieferketten wieviel Treibhausgas ausgestossen wird. Und in sehr vielen Fällen haben die Brands auch nicht die Kapazität, diese Wissenslücke mal schnell zu schliessen. Die Erhebung der entsprechenden Zahlen ist äusserst aufwendig und entsprechend auch teuer. Die umsatzstärkeren Brands aus unserem Sortiment haben in der Zwischenzeit den entsprechenden Prozess begonnen. Aber auch bei ihnen können die wenigsten schon tatsächliche Zahlen aus ihren Lieferketten vorweisen. Unsere ersten Schritte werden daher folgendermassen aussehen: Wir arbeiten für dieses Ziel mit MyClimate zusammen und werden ein von ihnen entwickeltes Tool für unsere Emissionsberechnungen benutzen. Dabei müssen wir anfangs noch mehrheitlich mit Durchschnittswerten arbeiten, die wir hoffentlich im Laufe der Zeit mehr und mehr durch tatsächliche, in den Lieferketten erhobene Zahlen ersetzen können. Zugegebenermassen ist das ein ziemlich unbefriedigender Start, aber irgendwo müssen wir anfangen. Wenn wir mit der ersten Berechnungsrunde durch sind, geht es in einem zweiten Schritt um die Definition von ambitionierten, wissenschaftsbasierten Reduktionszielen. Bis 2030 sollten wir unsere Emissionen um 50 Prozent reduziert haben.

Ziel 2

Auch diese Aufgabe fordert uns ziemlich heraus. Wir müssen eine interne Sorgfaltsprüfung gemäss OECD-Standards etablieren und eine Strategie definieren, die unsere Lieferanten dabei unterstützt, Kinderarbeit, Zwangsarbeit, sexuelle Belästigung und exzessive Arbeitszeiten zu verhindern. Zudem muss innerhalb von 24 Monaten eine Roadmap mit Einfluss auf die gesamten Lieferketten erstellt werden, die zu fairer Entlöhnung gemäss OECD führt.

Auch hier besteht die Schwierigkeit unter anderem darin, dass wir nicht direkt mit den Akteur:innen in den Lieferketten zusammenarbeiten. Das tun unsere Brands. Die Fragen sind also: Wie bringen wir unsere Brands dazu, noch umfassendere Informationen zu den Sozialstandards in ihren Lieferketten zu sammeln? Wie können wir sie dazu motivieren, wo nötig höhere Standards von ihren Lieferant:innen einzufordern oder die Produzent:innen zu wechseln, wenn die Performance nicht stimmt? Auch hier werden wir professionelle Hilfe nutzen. Wir nehmen ab diesem Sommer an einem Programm der Better Work Academy teil, die zur ILO (International Labor Organisation) der UNO gehört. Wir erhoffen uns von dem einjährigen Programm ein vertiefteres Verständnis bezüglich der Hürden, die guten Arbeitsbedingungen in den Lieferketten im Wege stehen, und zusätzliche Kommunikationstools, die uns dabei helfen können, die Zusammenarbeit mit unseren Brands effizienter und produktiver zu machen.

Ziel 3

Hier geht es um das Bestreben, bis 2030 30 Prozent unserer Produkte kreislauffähig zu gestalten. Dazu gehören Kleider, die aus rezyklierten Materialien bestehen und nach der Verwendung wiederum rezykliert werden können, sowie Angebote rund um Vermietung, Wiederverkauf, Reparatur und Redesign von Produkten. In diesem Bereich können wir schon einiges vorweisen. Unser Second Love Angebot wächst stetig. Hierbei kann unsere Kundschaft Kleidung von nachhaltigen Brands weiterverkaufen, wenn sie bestimmte Stücke nicht mehr tragen wollen oder können. Wir bieten Reparaturen sowie Änderungen an und stecken gerade in den Anfängen eines Redesign-Projektes.

Bei den kreislauffähigen Produkten sind wir jedoch einmal mehr auf unsere Brands angewiesen. Wir arbeiten hier gerne mit Pionier:innen zusammen. Allen voran ist Mud Jeans zu erwähnen. Dieser holländische Brand nimmt getragene Jeans zurück und nutzt diese als Rohstoff für neuen Denim. Wirklich (potenziell) geschlossen ist der Kreislauf eigentlich nur bei ihnen. Die getragenen Strümpfe von Swedish Stockings kann man ebenfalls zurückgeben. Aus technischen Gründen (das Polyamid kann zurzeit im Recyclingprozess noch nicht auf industrieller Ebene von Elastan getrennt werden) entstehen daraus bis jetzt aber noch keine neuen Strümpfe, sondern nur Glasfasertanks und Designertische. Viele andere Brands bieten uns zwar Kleidung aus rezyklierten Materialien, eine klare und funktionierende Handhabung für das Weiterrezyklieren nach dem Tragen existiert aber noch nicht. Bei den Artikeln aus rezyklierter Baumwolle ist es immerhin so, dass aus Textilien im ersten (und bisher wohl meist einzigen) Recyclingdurchgang nochmals Textilien werden. Beim rezyklierten PET sind es allerdings in den allermeisten Fällen immer noch PET-Flaschen, die als Ausgangsmaterial verwendet werden. Das ist in unseren Augen keine ideale Lösung. Diese Flaschen sollten im bereits geschlossenen PET-Flaschen Kreislauf bleiben (mehr darüber liest du hier unter Schattenseiten). Leider ist es bislang aber die einzige Option, die uns angeboten wird. Wir hoffen aber stark, dass sich das in den nächsten Jahren ändert, denn hinter den Kulissen tut sich gerade viel in diesem Bereich.

Bei den Regeneratsfasern wissen wir zumindest, dass Lenzing – und von dieser österreichischen Firma beziehen wir den absolut grössten Teil – eine ambitionierte Strategie fährt. Bis 2025 wollen sie im industriellen Massstab EcoVeroTM, Modal und Lyocell aus mindestens 50 Prozent Alttextilien herstellen.

Ziel 4

Bei diesem letzten Ziel dreht sich alles um Transparenz. Der Kundschaft soll es möglichst einfach gemacht werden, informierte und nachhaltige Kaufentscheidungen zu treffen. Wir müssen unsere Nachhaltigkeitsstrategie und unsere Lieferkettenpolitik offenlegen. Das heisst für uns, dass wir einerseits nochmals alles, was wir bereits leisten, in ausführlicherer Form zu Papier bringen. Andererseits müssen wir bestehende strategische Lücken schliessen. Bei der Lieferkettenpolitik geht es vor allem darum, schriftlich für die Öffentlichkeit aufzubereiten, was wir im Rahmen der Better Work Academy an Handhabungen erarbeiten.
Bis 2025 müssen wir bei mindestens 80 Prozent der Produkte, die wir verkaufen, Informationen zur Nachhaltigkeit zugänglich machen. In dem Bereich sind wir bereits gut unterwegs, weil unsere Brands alle auf eine möglichst nachhaltige Produktion spezialisiert sind und dies auch entsprechend kommunizieren. Unsere Aufgabe ist hier vor allem, die Brands zu noch umfassenderer Transparenz anzuspornen.

Zudem müssen wir als Detailhändler:in proaktiv zur Wissensvermittlung im Bereich Nachhaltigkeit an die Kundschaft beitragen. Auch da sind wir bereits gut unterwegs: Wir leisten auf unserer Webseite, bei uns in den Läden, auf Social Media und auch bei spezifischen Events schon gezielt Sensibilisierungs- und Informationsarbeit.

Das alles bedeutet für uns viel, aber auch sehr spannende und befriedigende Arbeit. Wir sind gespannt, wohin uns der Umsetzungsprozess in den einzelnen Bereichen führen wird. Und ganz im Sinne der Transparenz werden wir euch in regelmässigen Abständen über unsere Fortschritte und mögliche Rückschläge informieren.